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Story published in German
Südpolare Sensationen
Wenn die Wassertemperatur im Südatlantik nur noch 1 Grad beträgt, kann die Antarktis nicht mehr fern sein. Seit dem 18. Jahrhundert wagen sich Abenteurer, Forscher, Walfänger und Robbenschläger in diese Gewässer. Erst in den letzten 15 Jahren wurde der 6. Kontinent auch für „Normalreisende“ zugänglich. Die Einmaligkeit dieser grandiosen Landschaft mit ihren Gletschern, Eisbergen, riesigen Pinguin- und Robbenkolonien, Walen, Albatrossen und einer nicht gekannten Abgeschiedenheit zieht die Menschen immer wieder in ihren Bann.
Wenn Ende Dezember die Morgensonne die Gould Bay auf Südgeorgien ausleuchtet, bekommt der Strand mit seinen unzähligen Königspinguinen und Robben etwas Göttliches. Ein Naturschauspiel entfaltet sich, das in Form und Dimension nur in dieser Region stattfindet. Unübersehbare Pinguinkolonien ziehen sich die Hänge hinauf. Vielleicht sind es fünfzigtausend Tiere, vielleicht mehr. Sie schnattern, trompeten, eine Geräuschkulisse baut sich auf, ein Konzert voller Dissonanzen. In der Nähe liegende Pelzrobben stimmen ein. Jeder der dieses Schauspiel beobachtet, genießt die Einzigartigkeit des Augenblicks.
In sich gekehrt, ganz langsam und behutsam wandeln die Expeditionsteilnehmer aus Deutschland, der Schweiz und Österreich zwischen den am Hals orange befleckten Vögeln. Königspinguine sind eindeutig die Stars. Einige Abenteurer lassen auf dem Sand in ihrer Nähe nieder. Neugierige Jungtiere gehen auf sie zu. Mit ihrem aufrechten Gang wirken die Pinguine oft unsicher, fast schusselig, zuweilen komisch. An Land haben die sie keine natürlichen Feinde. Und so vermuten sie in den in roten Parkas eingepackten Menschen nichts Böses, was sich auch gleich bestätigt. Sie dürfen Schuhe, Finger, Hosen, Jackenärmel anknabbern, alles was ihnen bisher fremd war. Nachdem sie merken, dass nichts Essbares dabei ist, geht ihr Interesse verloren. Doch die Begegnung mit den braunen „Pelzträgern“ löst Freude und Erheiterung aus. Solche Momente kommen unverhofft und bleiben unvergessen. Eigentlich dürften sich Mensch und Tier bei einer Antarktisreise nicht so nahe kommen. Denn es gilt, Abstand zu halten. Die Richtlinien schreiben mindestens 5 Meter vor. Doch wenn die kleinen „Oberkellner im Frack“, wie sie immer wieder bezeichnet werden, von sich aus die Nähe zu Menschen suchen, darf man sie ruhig gewähren lassen.
Ein faszinierendes Wolkenspiel sorgt dafür, dass immer wieder andere Gruppen die Bühne betreten. Halbstarke junge Pelzrobben bekommen ihren Auftritt: Mit Tempo im Stil eines frechen Provokateurs watscheln sie heran und reißen ihr kleines Maul auf. Die teils putzigen Tiere zeigen wenig Respekt vor Menschen. Dann heißt es, Ruhe zu bewahren. Mit lautem Hände klatschen sind sie leicht in die Flucht zu schlagen. Schwere Seeelefanten vervollkommnen das Bild. Hin und wieder gehen ihre Augen auf, sie fokussieren genau. Menschen sind auch für sie fremd, aber Annäherungsversuche gibt es nicht. Eher gelangweilt beobachten sie die aufgeregten kräftigen männlichen Pelzrobben beim Hüten ihres Harems. Eindringlingen wird unmissverständlich gezeigt, dass ihre Präsenz nicht erwünscht ist.
Hinter dem Strand erhebt sich ein unüberwindbares Gebirge. Steile dunkle Felsen sind eingerahmt vom ewigen Eis der mächtigen Gletscher. Südgeorgien ist heute ein Paradies, ein Naturwunder. Dies war nicht immer so. An den selben Stränden, wo neuerdings Touristen ins Schwärmen und Staunen geraten, wurden vor 200 Jahren Robben wegen ihrer Felle und ihrem Fett erschlagen. Es gibt Berichte, dass sie fast völlig ausgerottet waren. Nur mit geringer zeitlicher Verschiebung setzte der Walfang ein, der schließlich um 1960 eingestellt wurde. Zu dieser Zeit waren die großen Meeressäuger so gut wie aus dem Südpolarmeer verschwunden. Die bekannteste Walfangstation auf der Insel, Grytviken, wird gerne von Kreuzfahrtschiffen angelaufen. Nach einer Aufräumaktion der britischen Regierung hat die Siedlung Museumscharakter bekommen. Etwas abseits befindet sich der Walfängerfriedhof mit dem Grab von Ernest Shackelton. Er war es, der die spektakulärsten Reisen in die Antarktis unternommen hat. Seine Versuche, 1909 den Südpol zu erreichen und die Expedition mit der „Endurance“ 1914, die ihn zur Rettung seiner Mannschaft nach Südgeorgien brachte, bleiben unvergessen. Reisende, die heute hierher kommen, verharren ehrfurchtsvoll vor seinem Gedenkstein. Das kleine Walfänger-Antarktis-Museum und die intakte Kirche vermitteln einen Eindruck, wie sich das Leben früher in diesen Breitengraden abgespielt haben könnte. Als Entdecker Südgeorgiens gilt James Cook, der die Insel nach König Georg II von Großbritannien benannte und sie 1775 zum britischen Territorium erklärte. Zu diesem Zeitpunkt war er schon über drei Jahre unterwegs. 1772 hatte er mit der Umrundung der Antarktis begonnen, ohne jedoch den Kontinent jemals gesehen zu haben. Das Packeis stellte eine unüberwindbare Hürde dar. Wie groß diese gewesen sein muss, erahnt jeder, der weiter in Richtung Süden fährt.
Die Temperaturen gehen runter und an grauen Tagen ist der Übergang vom Wasser zum Himmel fließend. Nur am weiten Horizont zeichnen sich Eisberge ab. Vorsichtiges Navigieren ist angesagt. Nur ein Zehntel dieser weißen Kolosse ragt aus dem Wasser. Manche sehen aus wie riesige Kathedralen. Andere sind noch ganz flach. Es sind teils gigantische Tafeleisberge, die vom Schelfeis abgebrochen sind. Einige haben vielleicht schon Tausende Kilometer zurückgelegt. Im Laufe der Zeit brechen sie immer wieder auseinander. Kein Betrachter kann sich dieser Faszination entziehen, die durch Farben und Formen hervorgerufen wird. Leuchtendes weiß beeindruckt ebenso wie die Grün-, Türkies- und Blautöne. Wenn dann noch Adélie- oder Zügelpinguinen die Eisberge bevölkern entsteht ein Kunstwerk der Natur. Schulen von Walen runden das Bild ab. Es sind hauptsächlich die Blau- und Buckelwale, die wegen ihrer Größe und den aus dem Wasser ragenden Schwanzflossen für Begeisterung sorgen.
Nach langer Fahrt kommt die Coronation Insel, die zu den Süd-Orkneys gehört, in Sicht. Sie fällt bereits unter den Antarktisvertrag von 1959. Dieser regelt wie der 6. Kontinent genutzt werden darf. Noch immer sind es ungefähr 200 Seemeilen bis zum antarktischen Festland. Doch Packeis versperrt die Weiterfahrt. Das Schiff kommt nicht mehr weiter. Die Maschinen werden angehalten, Zodiacs zu Wasser gelassen und eine wahrhaft atemberaubende Fahrt durchs Eis beginnt. Majestätisch aufragende Eisberge versetzen die Abenteurer ebenso in Staunen wie die flachen Eisschollen, auf sich Robben sonnen. Aus einer Entfernung von drei Metern schaut ein Seeleopard die Eindringlinge an. Angst muss keiner der Reisenden haben haben, denn es ist noch viel Wasser zwischen dem Boot und dem gefährlichen Pinguinjäger.
Moderne eisgängige Passagierschiffe mit modernster Navigationstechnik finden heute problemlos Wege aus dem Packeis. Und so ist am übernächsten Tag ist das antarktische Festland bei Brown Bluff erreicht. Hätte die Reise vor 200 Jahren statt gefunden, wäre der Kapitän in die Geschichte eingegangen. So wie der deutsche Kapitän in russischen Diensten, Fabian von Bellingshausen, der als vermeintlich Erster den Kontinent aus Eis am 16. Januar 1820 zu Gesicht bekommen hat. Auch er war von den grandiosen Landschaften mit endlosen Gletschern, Vulkanen und Bergformationen verzaubert, wie heute die Expeditionsreisenden, die den Routen der Südpolarforschern nachfahren und Glücksgefühle erleben.
Info Antarktis
Service: Reisen in die Antarktis sind von Ende Oktober bis März möglich. Die beschriebene Expedition wurde mit Hapag-Lloyd Kreuzfahrten GmbH, Ballindamm 25, 20095 Hamburg, Telefon 040 / 3001 4600, www.hlkf.de durchgeführt.